Wie kann man den Tesla Akku richtig laden? Und weshalb ist es wichtig, dass man ihn dabei schonend lädt?
Ich habe bisher noch kein anderes Thema im Zusammenhang mit Tesla gefunden, das verwirrender und widersprüchlicher ist. Man findet im Internet so viele unterschiedliche Meinungen darüber und teilweise wird genau das Gegenteil von dem empfohlen, was man in einer anderen Quelle gerade gelesen hat.
Dieser Beitrag erklärt, warum die Ratschläge so unterschiedlich sind und welche Vor- und Nachteile sehr langsames oder sehr schnelles Laden haben.
Grundsätzlich gibt es bei Tesla Fahrzeugen zwei unterschiedliche Typen von Akkus: NCA/NMC und LFP (Details zu den Akkutypen im Tesla).
In den Fahrzeugeinstellungen lässt sich herausfinden, ob eine LFP Akku (Lithium-Eisen-Phosphat) verbaut ist. Dazu tippt man auf Fahrzeug > Software > Zusätzliche Fahrzeuginformationen.
NCA/NMC Tesla Akku richtig laden
Tesla’s offizielle Empfehlungen zum Laden der NCA/NMC Akkus sind relativ einfach und unkompliziert:
- Wenn das Fahrzeug abgestellt ist und nicht lädt, den Ladestand des Akkus zwischen 20 und 80 Prozent halten. Ladestände darüber und darunter über längere Zeit und ohne Fahrt schädigen den Akku überdurchschnittlich stark.
- Den Akku nur über 90 % laden, wenn es notwendig ist und die Reichweite für die geplante Fahrt nicht ausreicht.
Das wird auch im Lademanagement so dargestellt:
Was die Anzahl Ladezyklen angeht, empfiehlt Tesla das Fahrzeug einfach täglich wieder auf maximal 90 % zu laden. Das ist so weit auch kein Problem, da ein Ladezyklus immer der ganzen Kapazität des Akkus entspricht. Wenn man also einmal von 0 auf 100 % lädt, entspricht das einem Ladezyklus.
Wenn fünfmal jeweils nur 20 % nachgeladen werden, entspricht das total auch nur einem Ladezyklus und nicht fünf Ladezyklen. Der Akku wird durch dieses “wenig Laden” also nicht geschädigt. Mehr Infos zu Ladezyklen im TFF Forum.
Jahrelang war die Empfehlung von Tesla bei täglichen Fahrten auf 90% zu laden. Aber mit dem Software-Update 2023.26.7 wurde bei manchen Tesla Modellen das Limit geändert und die Empfehlung lautet seither nur auf 80% für tägliche Fahrten zu laden.
Christian Pogea erklärt in einem interessanten Blog-Beitrag, was es damit auf sich hat und warum Tesla bei manchen Modellen 80% und bei anderen nach wie vor 90% empfiehlt.
LFP Tesla Akku richtig laden
Beim LFP Akku sind die Empfehlungen von Tesla anders.
Hier sollte man das Ladelimit auch für den täglichen Einsatz auf 100 % belassen und das Fahrzeug mindestens einmal pro Woche auf 100 % laden. Wenn der Tesla länger als eine Woche geparkt war, sollte man das Fahrzeug ganz normal fahren und bei der nächsten Gelegenheit auf 100 % laden.
Zusätzlich sollte man das Fahrzeug regelmäßig „schlafen“ lassen, indem Sie es, wann immer möglich, ohne aktivierten Wächter-Modus geparkt wird.
Auf diese Weise maximiert man die verfügbare Reichweite und verbessert die Fähigkeit des Fahrzeugs, den aktuellen Ladezustand und die Reichweite genau zu bestimmen.
Wie lädt man den Akku möglichst schonend?
Warum sind diese Empfehlungen so wichtig? Bei Akkus nimmt die Kapazität mit der Zeit zwangsläufig ab. Einerseits geschieht dies durch Alterung des Materials. Andererseits kommt es beim Laden und Entladen an den Elektroden der Batteriezellen zu elektrochemischen Vorgängen, die eine vollständige Aufladung oder Entladung behindern. Dies wird auch als Degradation bezeichnet.
Schlussendlich sind alle Elektroautos von Degradation betroffen, aber je nachdem wie man sein Auto lädt, wirkt sich das unterschiedlich stark aus. Detailliertere Zahlen von Tesla gibt es dazu leider keine. Aber um die Degradation möglichst gering zu halten, macht Tesla eben die oben genannten Empfehlungen.
Ein weiterer Faktor, der diese elektrochemischen Vorgänge beschleunigt, ist das häufige Schnellladen, also hohe Ladeleistungen, die ebenfalls einen negativen Effekt auf die Akkuzellen haben. Neusten Erkenntnissen zufolge, ist dieser Effekt bei den Akkus von Model 3 und Model Y allerdings nicht so schädlich, wie ursprünglich angenommen.
Akku Schnellladen mit DC (Supercharger/Ionity,usw.)
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, einen Tesla zu laden. Entweder über Drehstrom/Wechselstrom (AC) oder über Gleichstrom (DC).
Im Akku kommt allerdings immer Gleichstrom an. Wenn man das Fahrzeug an einer AC Quelle lädt, wandelt der Onboard-Charger im Tesla den Wechselstrom in Gleichstrom um, bevor er in den Akku eingespeist wird.
Beim Schnellladen am Supercharger oder anderen DC-Ladern wandelt die Ladestation den Strom und speist ihn direkt in den Akku ein, ohne über den weniger leistungsfähigen On-board Wandler zu gehen.
Daraus könnte man jetzt schlussfolgern, je schneller laden, umso besser. Warum sollte ich also mit dem langsamen AC Strom laden, wenn DC doch viel “direkter” geht und auch noch schneller ist?
Was den zeitlichen Aspekt der Ladedauer angeht, ist das korrekt, aber leider hat Schnellladen auch Nachteile.
Schnellladen erwärmt den Akku und Akkus mögen es nicht sonderlich, wenn sie hohen Strömen beim Laden oder Entladen ausgesetzt sind und gleichzeitig sehr kalte oder zu hohe Temperaturen herrschen. Deswegen versucht das Tesla Batterie Management-System im Auto die Temperatur des Akkus während des Ladevorganges in einem bestimmten Bereich zu halten und den Akku so möglichst schonend zu laden.
Das ist aber immer ein Kompromiss zwischen Ladegeschwindigkeit und überdurchschnittlicher Schädigung. Durch das Temperaturmanagement lassen sich die negativen Effekte zwar nicht komplett eliminieren, aber immerhin reduzieren. Trotzdem belastet dieser Effekt aber auf Dauer bei häufigem DC Laden die Akkukapazität überdurchschnittlich stark.
Dann lade ich den Akku doch einfach so langsam wie möglich
Das wäre die Schlussfolgerung. Außerdem wird das laut dieser Aussage im TFF Forum sogar im Tesla Service-Center München so kommuniziert. Dort stand zumindest zeitweise auf einem angeschlagenen Zettel, dass das Laden mit 3 kW (normale Haushaltssteckdose) empfohlen ist.
Der KFZ-Sachverständige Ove Kröger hat zu diesem Thema auch zwei Videos publiziert, in denen er ein dreijähriges Model S mit 50’000 Km überprüft. Das Fahrzeug hat mit dieser Laufleistung nur 1 % Akku Degradation. Beinahe unglaublich! Der Grund dafür ist der Fahr- und Ladestil des Besitzers. Er setzt den Akku seines Tesla nie hohen Strömen aus und fährt immer sehr schonend ohne starke Beschleunigungsorgien. Zudem lädt er fast immer nur mit sehr kleinen Leistungen von 3 kW über einen langen Zeitraum und vermeidet Supercharger, wo es geht. (Video 1 / Video 2)
Das hört sich wirklich toll an, aber es gibt auch dabei Nachteile:
Nachteile bei sehr langsamem Laden
- Ladeverluste durch die Erwärmung von Komponenten und den elektrischen Widerstand in Kabeln und Steckern entstehen sie bei jedem Ladevorgang. Aber der Gesamtwirkungsgrad sinkt mit sinkender Ladespannung. Diese Ladeverluste betragen beim Laden an einer 3 kW Haushaltssteckdose etwa 15-20 %, beim Laden mit 11 kW AC an einer Wallbox oder mit einem dreiphasigen anderen Ladegerät betragen die Verluste nur etwa 8-10 %.
- Während des Ladens sind die Computer im Fahrzeug aktiv. Steht das Fahrzeug hingegen nur und lädt nicht, sind die Computer in einem stromsparenden Energiesparmodus. Dieser zusätzliche Energieverbrauch fällt im Vergleich zum Laden über einen kurzen Zeitraum zusätzlich an und summiert sich über die vielen Stunden beim langsamen Laden. Wir sprechen hier nicht von ein paar Watt Energieverlust. Der Computer mit all seinen Systemen schlägt locker mit 200 Watt zu Buche.
- Der Akku wird beim langsamen Laden je nach Umgebungstemperatur nicht richtig warm. Das bedeutet er wird nicht in seinem optimalen Temperaturbereich geladen und dadurch verstärken sich die “parasitären” negativen Schadeffekte.
- Ein weiterer Nachteil ist die Belastung für das Speichermodul (eMMC) der MCU. Während der Computer im Fahrzeug aktiv ist, werden Daten auf den Speicherchip geschrieben. Bei den älteren MCU1 Computern geht dieser Speicherchip nach einer bestimmten Anzahl Schreibzyklen kaputt. Dies ist vor allem bei älteren Model S ein Problem. Fahrzeuge ab März 2018 haben die MCU2 verbaut, hier wurde das Problem mit einem größeren Speicherchip entschärft (oder zumindest weiter in die Zukunft verlagert). Trotzdem hält langsames Laden über Stunden den Computer konstant aktiv und beschreibt dadurch auch das Speichermodul.
Langsames Laden hat also seine Vorteile gegenüber Schnellladen, aber leider auch neue Nachteile.
Dann bleibt nur der Kompromiss?
Der Kompromiss liegt irgendwo dazwischen. Tesla Fahrer Christian Pogea erklärt in seinem Blog genau dieses Dilemma, und warum 11 kW bis 16.5 kW die schonendste Ladegeschwindigkeit ist. Laut einem Beitrag im TFF-Forum lässt sich das noch weiter optimieren. Früher wurde sogar manchen Tesla Käufern ein Zettel mit Ladetipps bei der Fahrzeugübergabe mitgegeben.
Tatsächlich ist beim Model S und Model X bei 12-14A der Ladewirkungsgrad im Vergleich zu 16A besser. Bei 14A sollen es 92-94 % sein, bei 16A meistens etwas weniger als 90 %. Wer Zeit hat und dreiphasig laden kann, sollte also optimalerweise mit 12A statt mit 16A laden. Für das Model 3 und Model Y gelten aber andere Werte, da sich der Onboard Lader bei diesen Fahrzeugen unterscheidet. Dieser Blog Beitrag geht detaillierter auf die Ladeverluste beim Model 3 ein.
Ein Nachteil dieser Methode ist das neue mobile Tesla Ladegerät UMC2, das den Neuwagen mitgeliefert wird. Mit diesem UMC2 ist nur noch einphasiges Laden mit maximal 3,7 kW möglich. Wer also schneller laden möchte, muss sich eine Wallbox oder ein Ladegerät eines Drittherstellers kaufen. Dies ist meist mit Kosten zwischen 500 und 2000 EUR/CHF verbunden. Je nachdem, wie aufwendig die Elektroinstallation ist. Ob sich dieser finanzielle Aufwand durch die Stromersparnis irgendwann auszahlt, bleibt fraglich. Schlussendlich ist es natürlich auch davon abhängig, wie oft man zu Hause oder auswärts lädt.
Vorteil des sehr langsamen Ladens, wenn man nicht auf 100 % lädt
Generell finden bei jedem Laden eines Lithium-Ionen-Akkus chemische Prozesse im Akku statt. Der Batterieforscher Jeff Dahn hat diese sogenannten “parasitären” Schadeffekte untersucht. Sie entstehen unabhängig von der Ladeleistung und sind zeitabhängig.
Das bedeutet, je länger ein Akku einer hohen Batteriespannung ausgesetzt wird, desto schädlicher ist dies für den Akku. Seine Aussage ist, dass beim Laden im idealen Temperaturbereich hauptsächlich die erhöhte Ladespannung und nicht die Ladeleistung ausschlaggebend für schädliche Effekte ist.
Mit zunehmendem Ladestand der Batterie steigt die Ladespannung an. Das ist auch der Grund, warum Tesla beim NMC-Akku von Panasonic empfiehlt im Alltag, wenn man keine Langstrecke fährt, nur bis etwa 80-90 % zu laden. Die Spannung steigt also über den Ladevorgang an, bis sie am Schluss bei sehr vollem Akku konstant gehalten wird und der Ladestrom immer weiter abnimmt.
Man kann diesen Effekt auch beim Laden eines Mobiltelefons feststellen. Je voller der Akku, desto langsamer lädt er weiter (=sinkender Ladestrom).
Wenn man ein Ladelimit von 80 % im Tesla einstellt, erspart man sich diese sehr langsame Ladephase am Ende bei hoher Spannung, sie ist langsam und lässt den Akku erst noch altern.
Beim langsamen Laden bleibt der Akku länger in einem günstigeren Spannungsbereich, da die Spannung langsamer ansteigt. Idealerweise lädt man den Akku dann auch nur bis höchstens 80 % wenn man unmittelbar nach dem Laden nicht losfährt.
Ein englisches Transkript eines Vortrags zu diesem Thema von Jeff Dahn.
Ich habe versucht, alle diese Vor- und Nachteile in einer Grafik auf einen Blick festzuhalten. Je kleiner die farbige Fläche, umso schonender ist die Ladung:
Mein Fazit zum Tesla Akku schonend laden
Das optimale Ladeverhalten ohne Nachteile gibt es nicht. Es ist immer ein Kompromiss.
Aber wer Zeit hat und den Akku seines Teslas nicht unnötig belasten will, kann mit der richtigen Methode durchaus einen Unterschied bewirken. So ganz glücklich bin ich mit dem Ergebnis meiner Recherche trotzdem nicht und Tesla hält sich ja leider mit offiziellen Informationen über die Stärke der negativen Auswirkungen der verschiedenen Ladevarianten sehr zurück.
Welcher Effekt wirkt schädlicher? Die Schädigung durch hohe Ströme beim Schnellladen oder die parasitären Effekte durch das lange langsame Laden?
Jeff Dahns Aussagen über die parasitären Effekte sind von 2016. Vermutlich ist die Batterieforschung hier schon wieder viel weiter, das zeigen auch einige Patente von Tesla. Die Entwicklung macht auf diesem Gebiet enorm schnelle Fortschritte.
Was für ein Model S von 2013 noch als überdurchschnittlich schädigend gilt, ist für ein Model Y von 2023 vermutlich gar nicht mehr relevant. Dennoch denke ich, der Vorschlag beim AC Laden von 16A auf 12-14A zu reduzieren, ein empfehlenswerter Kompromiss ist. Zumindest dann, wenn Zeit keine Rolle spielt.
Es schont auf jeden Fall auch zusätzlich den Geldbeutel durch einen tieferen Stromverbrauch.
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