Von vielen wird es aufgrund des Alters verschmäht. Aber ich finde, ein Tesla Model S gebraucht zu kaufen, bietet trotzdem viele Vorteile gegenüber einem Model 3 oder Y.
Auch wenn ältere Model S technisch nicht mehr auf der Höhe aktueller Neuwagen sind, bieten Sie zum Beispiel den Komfort eines Oberklasse-Elektroautos. Ich finde das Fahrgefühl und die Ruhe im Auto bei meinem Model S75D von 2017 deutlich besser als beim Model Y von 2024 (das Juniper Facelift kenne ich bisher nicht).
Außerdem sind auch die Platzverhältnisse im Model S phänomenal. Es ist für mich das perfekte Auto zum Reisen.
Aufgrund des erheblichen Wertverlusts kann der Kauf eines gebrauchten Tesla Model S auch finanziell eine attraktivere Option als der Erwerb eines Neuwagens sein.
Wer den Kauf eines gebrauchten Tesla Model S in Betracht zieht, sollte die folgenden Punkte beachten.
- Welches Tesla Model S soll man gebraucht kaufen?
- Was sind die Unterschiede der Modelljahre?
- Wie viel kostet ein gebrauchtes Tesla Model S?
- Können gebrauchte Tesla Model S wirklich kostenlos am Supercharger aufgeladen werden?
- Wie hoch ist der Batterieverschleiß bei einem gebrauchten Tesla Model S?
- Welche Probleme sind bei einem gebrauchten Tesla Model S bekannt?
- Weitere Tipps zum Kauf eines gebrauchten Model S
- Fazit - Gebrauchtes Model S kaufen, oder nicht?
Welches Tesla Model S soll man gebraucht kaufen?
Das Model S ist seit geraumer Zeit auf dem Markt. Es wird seit 2012 in den USA produziert und seit 2013 auch in Europa verkauft. Inzwischen existiert ein Gebrauchtwagenmarkt mit vielen Fahrzeugen. Sämtliche Model S Fahrzeuge weltweit stammen übrigens aus US-Produktion (Fremont, Kalifornien).
Einen groben Überblick über das Model S habe ich in einem anderen Beitrag zusammengefasst. Wer generell unsicher ist, ob eine andere Art Fahrzeug zu den eigenen Bedürfnissen besser passt, findet mehr Details im Beitrag zu den Modellunterschieden.
Im Laufe seiner Modellgeschichte hat Tesla das Model S in verschiedenen Varianten produziert. Die Vielzahl der Versionen und deren Bezeichnungen kann verwirrend sein.
Ursprünglich nutzte Tesla ein alphanumerisches Namensschema. Zum Beispiel die Bezeichnung „Tesla Model S 100D“. Die Zahl 100 repräsentiert die ungefähre kWh-Kapazität des Akkus und das „D“ kennzeichnet den Allradantrieb mit zwei Motoren.
Alternativ dazu gab es mit dem P100D das „Performance Modell“, also die Sportvariante.
Im Jahr 2019 wechselte Tesla zu einfacheren Bezeichnungen und verwendete nur noch einfache Beschreibungen wie „Standard“, „Long Range“ und „Performance“.
Da das Standardmodell später wegfiel, werden aktuelle Neuwagen nur noch als „Allradantrieb“ (entspricht dem früheren 100D, bzw. Long Range) oder „Plaid“ verkauft (so heisst seit 2021 das „Performance“ Modell).
Grundsätzlich kann man das Model S unabhängig von seinem Jahrgang in drei Kategorien einteilen:
- Fahrzeuge mit kleinem Akku und somit geringerer Reichweite, weniger PS (wenn man bei Tesla überhaupt von „wenig PS“ sprechen kann), dafür aber zu einem günstigeren Preis. Darunter fallen S60, S70, S75 und später auch das „Standard“ Model.
- Fahrzeuge mit großem Akku, mit maximal möglicher Reichweite zum damaligen Zeitpunkt. Darunter fallen S85, S90, S100 und später auch die „Long Range“ Variante, auch „Maximale Reichweite“ genannt.
- Das Sportmodell in Form der „Performance“ Variante. Ebenfalls mit großem Akku, aber noch mehr PS.
Wichtig ist auch das Verständnis dafür, dass ein kleinerer Akku auch eine geringere maximale Ladeleistung beim Schnellladen hat. Man lädt also weniger Kilometer Reichweite pro Minute nach. Außerdem ist die Ladekurve anders und fällt beim kleinen Akku schneller ab (Vergleich der Ladekurven). Man benötigt daher mit einem kleinen Akku mehr Zeit beim Schnellladen.
Die sonstige Ausstattung kann ebenfalls unterschiedlich sein, war aber nicht von der Akkugröße abhängig.
Was sind die Unterschiede der Modelljahre?
Tesla folgt nicht den üblichen Konventionen der Automobilhersteller hinsichtlich Modelljahren. Überarbeitungen finden oft unter dem Jahr statt und werden oft ohne Vorankündigung eingeführt.
Das Model S wurde bisher zweimal grundlegend überarbeitet (2016 und 2021). Jedoch fanden auch während der gesamten Modelllaufzeit bedeutende Aktualisierungen statt. Hier sind einige wichtige Daten:
- 2014: Einführung der Autopilot-Funktion (AP1) für das Model S (mehr zum Autopilot).
- 2015: Einführung des Beschleunigungsmodus „Insane Mode“, aus dem der „Ludicrous Mode“ für das Performance Model S P85D hervorging (mehr zum Ludicrous Mode).
- 2016: Erstes umfassendes Facelift des Model S mit optischen Anpassungen, aktualisierter Autopilot-Hardware (AP2) und überarbeiteter Akkuzellen-Chemie (mehr zum Facelift).
- 2019: Einführung eines neuen „Raven“-Antriebsstrangs, der die Reichweite erhöht und den Fahrkomfort verbessert (mehr zum Raven).
- 2021: Erneutes Facelift des Model S mit der neuen „Plaid“ Sportversion, einer Wärmepumpe und einem horizontalen Touchscreen (mehr zum zweiten Facelift).
Wie viel kostet ein gebrauchtes Tesla Model S?
Das Tesla Model S kann als überraschend erschwingliches Gebrauchtfahrzeug erworben werden. Der Preis ist neben der Laufleistung stark abhängig von der Akkugröße und dem Alter des Fahrzeugs.
Die Preise starten mittlerweile bei rund 15’000 EUR / CHF. Die hohe Laufleistung sollte einen in erster Linie nicht abschrecken, da der Antriebsstrang eines Elektroautos viel simpler und robuster als der Motor eines Verbrenners ist.
Allerdings sollte man sich von zu günstigen Angeboten auch nicht blenden lassen, da es sich dabei auch um Betrüger handeln kann.
Können gebrauchte Tesla Model S wirklich kostenlos am Supercharger aufgeladen werden?
Kurze Antwort: Ja, aber nicht alle.
Tesla bot den Käufern von Neuwagen zwischen 2012 und 2016 kostenloses, unbegrenztes Aufladen am Supercharger-Netzwerk an. Diese Aktion gab es aus Marketingzwecken, um die Verkäufe anzukurbeln. Tesla stellte dieses Angebot jedoch Anfang 2017 wieder ein.
Die Regeln wurden über die Jahre mehrmals angepasst, deshalb unterscheidet man folgende drei Arten von Model S:
- Fahrzeuge mit kostenlosem lebenslangem Supercharging, das beim Verkauf auf den neuen Besitzer übertragbar ist.
- Fahrzeuge mit kostenlosem Supercharging, das nur für den Erstbesitzer gilt.
- Fahrzeuge ohne kostenloses Supercharging.
Mehr Details darüber, wann welche Regel galt und wie man die Fahrzeuge voneinander unterscheiden kann, findest du in meinem Beitrag zum kostenlosen Supercharging.
Generell muss man sich beim Kauf eines alten Fahrzeugs aber bewusst sein, dass sich kostenloses Supercharging nicht lohnt. Das Kostenrisiko für Reparaturen eines so alten Autos ist viel höher, als man Kilometer mit kostenlosem Supercharger runterspulen könnte.
Wie hoch ist der Batterieverschleiß bei einem gebrauchten Tesla Model S?
Alle Lithium-Ionen-Batterien zeigen im Laufe der Zeit Abnutzung. Dadurch reduziert sich mit der Zeit die Energiemenge, die im Akku gespeichert werden kann. Somit reduziert sich auch die Reichweite, die mit einer Akkuladung gefahren werden kann.
Laut Erfahrungswerten aus der Praxis beträgt die durchschnittliche Batterieabnutzung (Degradation) eines Model S nach 200’000 Fahrkilometern etwa 12 %.
In extremen Fällen kann ein Tesla Model S auch nach 300’000 bis 400’000 Kilometern mit dem ersten Akku noch eine solide Reichweite bieten.
Eine Degradation von rund 10 Prozent ist also vollkommen normal. Folglich eine Akkukapazität in den 90ern ausgezeichnet und auch in den 80ern noch brauchbar.
Unter 70% der Kapazität im Vergleich zum Neuzustand spricht man in der Regel von einem Garantiefall. Ob es sich wirklich um einen Garantiefall handelt, wird von Tesla allerdings individuell beurteilt. Außerdem gilt die Garantie auf den Akku nur innerhalb der ersten 8 Jahre.
Achtung: Die Garantiebedingungen auf Neuwagen wurden von Tesla über die Jahre mehrmals geändert. Beim Kauf eines Gebrauchten ist es wichtig, genau zu prüfen, welche Garantiebedingungen für dieses Fahrzeug gelten.
Die Degradation ist nicht wirklich das Problem
Ja, die Degradation reduziert die maximal mögliche Reichweite. Aber die Degradation ist nicht das primäre Problem, um das man sich beim Gebrauchtwagenkauf Sorgen machen sollte.
Viel wichtiger ist der sonstige Zustand des Akkus. Eine defekte Zelle, verursacht durch Wassereintritt, kann den ganzen Akku auf einen Schlag unbrauchbar machen.
Vor allem die alten Varianten S60, S70 und S85 leiden unter diesem Problem (mehr Details zum Feuchtigkeitseintritt).
Wenn man bei den S60, S70 und S85 Fahrzeugen rechtzeitig ein sogenanntes „Re-Sealing“ macht und den Akku neu abdichtet, können Probleme mit eindringender Feuchtigkeit verhindert werden.
Die neueren Varianten S75, S90 und S100 scheinen davon (bisher) wenig betroffen zu sein. Generell sind die S75, S90 und S100 mit einer neueren Akkuchemie ausgestattet und deshalb empfehlenswerter als die alten Modelle. Tesla hatte damals offenbar dazugelernt.
Trotzdem kann es natürlich zu defekten Zellen kommen, und das im Voraus zu erkennen, ist relativ schwierig. Eine Möglichkeit, absehbare Zelldefekte zu erkennen, ist die Analyse des Innenwiderstands. Dieser ist allerdings nicht messbar, sondern man kann ihn nur berechnen. Das notwendige Tool dafür ist ScanMyTesla.
Wer tiefer in diese Materie eintauchen möchte, dem empfehle ich das folgende Video:
Von solchen Problemen abgesehen ist die Haltbarkeit und Lebensdauer eines Model S generell sehr hoch.
Welche Probleme sind bei einem gebrauchten Tesla Model S bekannt?
Als Elektrofahrzeug hat das Tesla Model S weniger mechanische Motorenprobleme als ein herkömmliches Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.
Die älteren Varianten 60, 70 und 85 hatten ihre Kinderkrankheiten mit den Motoren, und die Akkus leiden am bereits erwähnten Feuchtigkeitsproblem. Aber speziell die neueren Motoren seit den 75, 90 und 100er Modellen sind sehr haltbar und fallen sehr selten aus.
Ein Bereich, der hingegen besondere Aufmerksamkeit erfordert, ist das Fahrwerk und die Aufhängung, da die Komponenten durch das Gewicht des Fahrzeugs stark beansprucht werden. Model S benötigen regelmäßig neue Längs- und Querlenker aufgrund von Verschleiß. Man sollte hier etwas Budget einplanen.
Bei Fahrzeugen mit Luftfederung sind Lecks möglich. Zudem ist es wichtig, dass die Klimaanlage einwandfrei funktioniert, da sie auch zur Kühlung der Batterie dient.
Die 60, 70 oder 85er Modelle haben auch das Problem einer künstlichen Reduzierung der maximalen Ladeleistung. Wer viel Langstrecke fährt, ist mit einem neueren Modell besser bedient.
Einige Probleme, die gehäuft auftreten, habe ich im Beitrag zu den Problemen und Schwachstellen bestimmter Tesla Modelljahre zusammengefasst.
Weitere Tipps zum Kauf eines gebrauchten Model S
- Beim Kauf eines 60, 70 oder 85er Modells lohnt sich der Blick auf das damals erhältliche optionale Tech Paket.
- Der alte Infotainment-Computer (MCU1) reagiert mittlerweile sehr langsam in der Bedienung. Der alte Prozessor ist schlichtweg überfordert (Unterschiede zwischen MCU1 und MCU2).
- Ein häufiges Problem bei Model S der Jahrgänge 2016 bis 2020 (erstes Facelift) sind die LED-Streifen des Tagfahrlichts. Diese verfärben sich mit der Zeit bis zum Totalausfall (auch bei den Ersatzscheinwerfern).
- Bei älteren Model S ist ein kostenpflichtiges CCS Upgrade durch Tesla notwendig, um an CCS Ladesäulen laden zu können.
- Das Model 3 habe ich mit dem Model S in einem älteren Beitrag direkt verglichen.
- Im TFF-Forum wird viel über den Kauf eines gebrauchten Model S diskutiert.
Fazit – Gebrauchtes Model S kaufen, oder nicht?
Ich finde die Preis-Leistung eines gebrauchten Model S sensationell und das Model S ist ein traumhaftes Reiseauto.
Die Marktpreise sind erstaunlich tief, was vermutlich damit zusammenhängt, dass viele Menschen Angst davor haben, ein gebrauchtes Elektroauto zu kaufen.
Die Angst, dass der Akku nach der Garantiezeit ausfallen könnte, dürfte ein Grund dafür sein. Ja, der Akku ist ein erheblicher Kostenfaktor. Kostet doch ein (überholter, aber nicht neuer Akku) bei Tesla je nach Kapazität etwa 20’000 EUR.
Allerdings darf man nicht vergessen, dass sich immer mehr Betriebe darauf spezialisieren, Akkureparaturen für Tesla anzubieten. In einem solchen Fall werden dann nur die betreffenden Batteriezellen ersetzt.
Allerdings möchte ich jedem dazu raten, unbedingt die folgenden Punkte beim Kauf eines gebrauchten Tesla Model S zu beachten:
- Kein 60, 70 oder 85er Modell. Die Nachteile sind zu groß. Ich würde eher einen 75er, 90er oder 100er kaufen.
- Stahlfahrwerk ist weniger anfällig als Luftfahrwerk.
- Das Risiko der Notwendigkeit einer Akku Reparatur ist gegeben (vor allem beim 60, 70 oder 85er). Daher macht es eventuell Sinn, sich vorher Gedanken darüber zu machen, wo eine Werkstätte so etwas anbietet, denn Tesla tauscht immer den ganzen Akku gegen einen gebrauchten Akku. Leider machen das noch nicht viele freie Werkstätten eine solche Reparatur. Sehr bekannt ist die EV Clinic in Zagreb. Mehr Details zur Akkureparatur im TFF Forum.
Hier geht es zum nächsten Beitrag in der Serie „Du möchtest einen Tesla kaufen?“:
Tesla Probleme: Bekannte Schwachstellen bestimmter Modelljahre
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